Lon Fright (Sänger The Fright)
„The Fright ist für mich mehr ein Spirit, als nur ein Bandname.“
The Fright gibt es mittlerweile seit sage und schreibe 20 Jahren. Aus ein paar halbwüchsigen Thüringern, welche die Horrorpunk-Szene aufmischten, ist mittlerweile eine ernstzunehmende Dark Metal Band geworden, bei der sich, abgesehen von Sänger Lon Fright, eigentlich (fast) alles geändert hat. Warum dies aber trotz alledem nach wie vor The Fright ist, wie es zu den vielen Änderungen kam und was die besonderen Vibes zwischen ihm und dem neuen Gitarristen Chris North ausmachen, erzählte mir Lon in einem kleinen Interview. Außerdem sprachen wir natürlich auch ausgiebig über die neue Platte, welche dieses Mal quasi sogar ein Konzeptalbum ist.
R:Vier Jahre ist euer letztes Album mittlerweile schon her. Seitdem hat sich bandtechnisch viel getan. Aus 5 Leuten wurden mittlerweile nur noch 2. Kannst du mal kurz zusammenfassen, was denn die Gründe dafür waren?
L: Also eigentlich waren wir schon dabei das neue Album zu planen. Wir haben uns mit allen Bandmitgliedern in einer Kneipe getroffen. Ich habe meine Pläne und Visionen vorgetragen, was alles abgenickt wurde. Kurze Zeit später meinte unser Drummer Lukas, er kann das nicht mehr, er würde sich gerne auf andere Dinge konzentrieren. Er war ja, so gesehen, auch nie wirklich in dem Genre drin. Er war damals eigentlich nur ein Ersatz für Bocki, unseren vorherigen langjährigen Drummer. Er kannte uns von Kindesbeinen an und fand das reizvoll. Aber letztendlich kommt er aus dem Metalcore- und Hardcore-Bereich und da ist es, wenn man nur 4/4 Takte spielt, nicht sonderlich reizvoll. Er hat es trotzdem gemacht, weil er uns und unsere Musik mag, aber es war eben nicht seine musikalische Erfüllung. Also hat er gesagt, dass er die Band jetzt verlässt. Unser Bassist Kupfer wusste das aber nicht. Der hat das eher so nebenbei erfahren. Da die beiden aber eigentlich auch so privat mit unterschiedlichsten Projekten zu tun haben, war das für ihn so ein krasser Schritt und Einbruch, dass er dann meinte: „Ich spüre das Ganze nicht mehr. Ich will das nicht mehr. Ich bin dann auch raus.“ Ich glaube, er konnte das dann einfach emotional nicht mehr. Wir beide hatten die Band zusammen gegründet und da hatte er dann etwas verloren, weil die Band ja immer gemünzt war auf Gang und Freundeskreis. Außerdem hat er ja auch seine Familie. Also stand ich dann alleine da mit Kane, der allerdings auch schon die Absicht hatte, nach Australien zurückzuziehen.
Also kurz zusammengefasst könnte man sagen: Für die einen waren es neue Perspektiven, für andere Frustration.
R: Böse Zungen würden jetzt behaupten: Bei all den Veränderungen ist das aber nicht mehr The Fright. Was würdest du diesen Leuten entgegnen?
L: Puh, krasse Frage. The Fright ist für mich mehr ein Spirit, als nur ein Bandname. Ich weiß nicht, ob nur ich selbst den lebe. Ich brauch irgendetwas im Leben, das mir Sinn stiftet.
R: Das klingt ja jetzt aber fast schon so, als würdest du sagen „ICH bin die Band“.
L: Letztendlich ist das ja auch so. Wenn es mich nicht geben würde, gäbe es die Band nicht mehr. Dann wäre sie einfach weg. Wenn jetzt ein neuer Sänger kommen würde, der hat die Band nicht gegründet, der hat die ganzen Texte nicht geschrieben. Das wäre eine komplett andere Band. Das könnte man zwar als The Fright verkaufen, aber es wäre eben nicht The Fright.
R: Blöd gesagt, klingt das jetzt aber so, als wären bei einer Band Musiker immer komplett austauschbar und das Einzige, das zählt, ist der Sänger oder die Sängerin.
L: Nein, das auf keinen Fall. Ich könnte das Ganze nicht ohne die richtigen Leute machen. Das steht völlig außer Frage. Deswegen waren auch meine Gedanken: „Jetzt bist du wieder alleine und keiner glaubt daran. Das geht nicht so.“ Ich habe oft die Erfahrung gemacht, dass ich Songs für mich selbst schreibe und die finde ich dann total geil und dann kommt jemand dazu, in dem Fall jetzt Chris, der dann sagt „Ja, finde ich soweit gut, aber lass uns mal dies und das ändern, dann wird der Song noch geiler.“ Du brauchst immer jemanden, der genauso daran glaubt und das fühlt.
R: Nichts desto trotz klang das aber eben bei dir so, als wären diese Leute beliebig austauschbar.
L: Jeder ist überall austauschbar in allen Lebenslagen. Das ist einfach so. Aber die Band ist nun mal durch mich gegründet worden und hat auch den Sound davon. Selbst wenn mich jeder verlassen würde, würde ich das wohl weiter machen, weil ich einfach daran glaube und weil es meine Passion ist. Ich bin mir aber natürlich auch völlig dessen bewusst, dass ich ohne Leute, die wirklich daran glauben, einfach nichts bin. Ich bin darauf angewiesen, dass die Leute genau dieselbe Passion haben, wie ich selbst. Ohne Menschen, die mir den Rücken stärken und auch dran glauben, bin ich nichts. Und das habe ich gerade mit Chris gefunden.
R: Guter Übergang zu meiner nächsten Frage. Offiziell bestehen The Fright aktuell nur noch aus dir und dem neuen Gitarristen Chris North. Eigentlich eher ungewöhnlich für eine Band. Was hat euch zu diesem Schritt bewogen und wie darf man sich das dann live vorstellen?
L: Bei uns beiden ist das einfach wie in einer krassen, geilen Beziehung. Wir wollen das Ganze vorantreiben und wir glauben daran. Wir wollten einfach kurze Wege haben. Wir wollten auf niemanden mehr angewiesen sein. Wir wollen nur uns beiden vertrauen. Wir beide sind der Kern der Band, die das vorantreiben und alles andere sind Variablen, die wir ausschließen wollten. Nicht, dass uns wieder jemand das Herz bricht. (lacht)
R: Euer neues Album „Voices Within“ unterscheidet sich musikalisch teilweise doch wieder ein ganzes Stück vom Vorgänger „Canto V“, wenngleich immer noch der typische The-Fright-Sound herauszuhören ist. Alles in allem wirkt das Album auch vielseitiger. Wie würdest du eure Musik heute beschreiben?
L: Die Musik klingt alleine schon deswegen anders, weil wir die Gitarren runtergestimmt haben. Das wirkt viel fundamentaler. Früher habe ich die Songs selbst geschrieben und dann kam unser ehemaliger Gitarrist Danny dazu und hat seinen Kram dazu gegeben. Und jetzt habe ich eben alles mit Chris zusammen geschrieben, der halt aus einer ganz anderen Richtung kommt. Der ist der pure Death- und Black-Metaller und hat auch weltweit mit Bands getourt und dadurch natürlich seinen Anteil dran, dass alles nochmal anders klingt. Wenn wir zusammen Songs schreiben, sagen wir entweder „Das ist geil.“ oder „Das ist nicht geil.“ Und wenn ein Song für uns nicht funktioniert, machen wir eben einen anderen. Und weil wir aus völlig unterschiedlichen Genres kommen – ich eher im Goth- bis Punkbereich oder Hair Metal und er eben dieses straighte Death Metal, Doom Metal und alles was irgendwie brutal und böse klingt – clashen da zwei Welten aufeinander und ergeben das, was „Voices Within“ ausmacht.
R: Die neuen Songs wirken teilweise sehr viel persönlicher. Wieviel Autobiografie steckt denn in „Voices Within“?
L: Alles. Das ist wirklich eine komplette Autobiografie. In den Pressetexten steht immer wieder „Voices Within“ wäre ein total positives Album, aber nein, das ist es eben nicht. Das ist überhaupt kein positives Album, sondern das Schwärzeste der Welt. Ich saß nach dem Release nochmal auf dem Balkon und bin in mich gegangen und „Voices Within“ ist einfach der komplette Abriss dessen, was momentan in meinem Leben abgeht. Ein Abschluss einer langjährigen Beziehung von vorne bis hinten. Eigentlich ist es ein Konzeptalbum. Das fängt an mit „Disbelief“. Man wacht auf, weiß nicht mehr, wo man ist. Man sucht nach Schutz und Sicherheit und findet das aber nirgendwo. Dann kommt es zu „Illusion“, also du merkst langsam, dass alles nur eine Illusion ist. Dann kommt „Choices“, also du musst eine Entscheidung treffen und dann „End“, wo eine Zeile ist „The light eats from inside.“ In dem Fall ist mit „Light“ die Wahrheit gemeint, die dich von Innen auffrisst und so geht es eben weiter. Es ist letztendlich ein komplettes Konzeptalbum über die Beziehung, die ich jetzt gerade hinter mir habe.
R: Euer Album habt ihr dieses Mal komplett selbst aufgenommen. Was waren eure Beweggründe diesen Schritt zu gehen?
L: Das ist natürlich erstmal einfach eine Geldfrage. Heutzutage ist das eben komplett easy. Ich habe mein Home-Studio und Chris ist quasi ein Nachbar von mir. So kann man sich eben mal schnell treffen und immer wieder neues Zeug aufnehmen. Das war viel einfacher. Wir haben das Ganze aber trotzdem professionell mixen lassen, weil wir eben keine Experten sind. Wir haben das Equipment, um alles professionell aufzunehmen, aber wir haben natürlich nicht das Know-how, es dann auch so klingen zu lassen, wie es das soll.
The Fright ist jetzt keine 2 Jahre alt, sondern uns gibt es mittlerweile 20 Jahre. Ich habe das alles mit diversen Labels durch, sowohl DIY, als auch große Labels und es war am Ende immer nicht zufriedenstellend. Ich bin eh jemand, der niemandem vertraut, im Sinne von „Ich setze das so um, wie ich es will.“ Hinzu kommt auch noch, dass wenn man ein Label hat, man in der Regel für sieben bis zehn Jahre seine Rechte abgibt. Das heißt, du schreibst über mehrere Jahre Musik und sagst dann „Macht was draus.“ Und das wollte ich einfach nicht mehr. Ich wollte, wenn das schief gehen sollte, mich selbst hassen und das nicht auf andere Leute schieben. Deswegen haben wir gesagt, wir machen das jetzt einfach selbst, um diese Autonomie als Band zu bewahren. Das war uns ganz wichtig.
R: Vor einigen Tagen hast du ein emotionales Video bei YouTube gepostet, in welchem du aufrechnest, was für ein Rattenschwanz an Kosten für eine kleine Band zusammenkommt, wenn man ein Album aufnehmen und dieses ein wenig promoten möchte und du sprichst auch offen über deine Sorgen und Ängste diesbezüglich. Was hat euch dazu bewegt diesen ungewöhnlichen Schritt zu gehen und so offen damit umzugehen?
L: Weil alles immer Schall und Rauch ist. Allen geht es immer gut, alle haben geile Verkäufe, alle sind auf Konzerten und sonst was. Und ich habe ja ein größeres Netzwerk mit Bands und wenn ich da so rumfrage, dann geht es denen letztendlich doch allen scheiße und schlecht. Ich habe mich dann halt hinterfragt, wieso man das denn nicht einfach mal öffentlich machen kann? Klar, das wirkt vielleicht unattraktiv für irgendwelche „Businesspartner“, aber was habe ich zu verlieren? Es ist meine Leidenschaft, also scheiß drauf. Und das Video wurde ja auch gut angenommen. Ganz viele Bands oder Künstler haben auch geschrieben, dass es ihnen eben genauso geht und supporten uns dahingehend. Warum darf man im Business nicht auch mal Schwäche zeigen und sagen, wie es einem geht? Letztendlich schreibt man Songs über total emotionale Dinge und dann lässt man das im Umfeld alles außen vor. Das ist doch Quatsch.
R: In dieser Welt ist halt so Vieles viel mehr Schein als Sein. Am 7. Mai feiert ihr im UT Connewitz gemeinsam mit End Of Green und Sündenrausch euer Album Release. Worauf dürfen sich die Leute freuen?
L: Erstmal natürlich auf eine geile Location. Wir haben jetzt seit 3 Jahren kein Konzert mehr gespielt und es ist eine völlig neue Besetzung. Das wird also ein richtiges Experiment. Ich glaube, die Leute werden Zeuge davon, dass da gerade etwas ganz Neues passiert und sich entwickelt. Viele Leute kennen The Fright jetzt schon seit vielen Jahren, aber das wird nochmal ein richtiger Nullpunkt, wo sich alles neu gestalten wird.
R: Und was passiert, wenn ihr feststellt, dass ihr auf der Bühne nicht harmoniert?
L: Ja, gut…ich glaube, dann schlage ich meinen Penis auf Chris und dann wars das. (lacht)
R: Gut, dann hat er ja wenig zu befürchten. Ich kann aus Erfahrung sagen, der ist klein und tut nicht weh. Welche Pläne gibt es denn darüber hinaus noch für 2022?
L: Dieses Jahr ist ja unser 20jähriges Jubiläum. Wir haben vor im Herbst eine EP oder ein Album mit alten Songs zu machen, die wir nochmal in neuem Gewand aufnehmen. Mit Chris und seinen Einflüssen klingt das alles nochmal anders. Das können die alten Leute natürlich scheiße finden, weil das alles nochmal ein wenig mehr Metal und Doom wird, aber die Songs sind es wert nochmal schön in eine neue Form gebracht zu werden, obwohl sie auch schon alleine für sich sprechen. Außerdem sind noch einige Konzerte geplant, z.B. jetzt zum WGT, dann noch das Castle Rock in Polen, im Hellraiser mit Wisborg und auf dem Stella Nomine in Torgau. Des Weiteren schreiben wir auch schon an Songs für das nächsten Album im kommenden Jahr.
R: Direkt das nächste Album?
L: Ja, es läuft einfach aktuell bei uns. Wir wollen einfach wuppen. Wir wollen weitermachen. Zack, zack, zack…und raus damit!
R: Wenn du es dir aussuchen könntest, mit welcher Band würdest du gerne mal die Bühne teilen?
L: Zum einen natürlich irgendwie mit meinen alten Helden. Ich weiß, dass Glenn Danzig ein totales Arschloch ist und überhaupt nicht mehr klarkommt und das so ein alter Opa mit Halbglatze ist, der sich das nach vorne kämmt. Aber das würde ich schon gern mal machen, einfach um es mal gemacht zu haben. Aber ich glaube eine Tour mit Hardcore Superstar fände ich geil. Das ist eine Musik, die ich richtig liebe und die Typen fetzen auch. Also wir haben ja schonmal zusammen gespielt, aber so eine ganze Tour…ich glaube das wäre geil.
R: Ich danke dir für dieses Interview und wir sehen uns natürlich am Samstag.
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