Triz Täss
"Traubenzucker für Troublemaker!"
Wer mich und meine Bilder kennt, kennt sie definitiv auch: Triz Täss. Mit niemandem habe ich über die Jahre mehr Ideen und Projekte umgesetzt. Daher musste sie für mich auch einfach die erste Person sein, um diese Rubrik mit Leben zu füllen. Seit 2008 steht die Wahlleipzigerin mittlerweile vor der Kamera. Vor unserem letzten Shooting habe ich sie auf ein Sterni getroffen und mich ein wenig mit ihr unterhalten.
R: Es ist schon ein komisches Gefühl, wenn man sich seit so vielen Jahren kennt, gut befreundet ist und dann sich hier zu so einem Interview zusammensetzt…
T: Allerdings…
R: …aber wir ziehen das jetzt einfach mal durch...
T: Na gut. (lacht)
R: Wie kamst du denn zum Modeln? Erinnerst du dich noch an dein allererstes Shooting?
T: Da muss ich jetzt meine grauen Zellen ein bisschen anstrengen. Zum Modeln kam ich mit zarten 18. Ich war auf einer Fetisch-Party in meiner damaligen Heimatstadt Rostock. Dort hat mich der damalige Partyfotograf angesprochen, ob ich kurz Bilder machen möchte, die er dann auch verwenden durfte, um Flyer für die nächste Veranstaltung zu machen. Die Bilder sind gut geworden und dann haben wir das auch für weitere Partys gemacht. Ich fand das voll cool und habe mich dann bei der Model-Kartei angemeldet.
R: Die gute alte Model-Kartei. Wer kennt sie nicht noch? Hattest du denn damals, als du damit angefangen hast, irgendwelche Vorbilder, an denen du dich orientiert hast?
T: Mein größtes Vorbild vom Style her war definitiv Razor Candi. Die fand ich ziemlich nice. Aber direkt aufs Modeln bezogen oder dass ich gesagt hätte, ich will so sein wie jemand, eher weniger. Später hat mich noch Miss Mosh ein bisschen inspiriert, aber auch einfach nur weil ich ihre Pin-Up-Posen so geil fand. Da habe ich allerdings schnell gemerkt, dass das nicht so mein Style ist.
R: Wenn du dich als Model in 5 Worten beschreiben müsstest, welche wären das?
T: (zählt an ihren Fingern ab) Puh, 5 ist ganz schön schwer…
R: Du kannst auch nur 3 nehmen, wenn dir das leichter fällt.
T: Traubenzucker für Troublemaker! (lacht)
R: Ich hätte wissen müssen, dass das jetzt kommt. (lacht) Nun gut, wie bereitest du dich grundsätzlich auf deine Shootings vor?
T: Als allererstes ist bei der Kommunikation mit dem Fotomenschen wichtig, dass vorher genau abgesprochen wird, was genau man wo und wann macht. Dann schaue ich vorher schon mal, was ich an Outfits verwenden kann, was passen würde - wenn ich denn überhaupt etwas an habe. (lacht) Das ist definitiv das erste, was mir durch den Kopf geht, also was kann ich an Klamotten mitnehmen, was muss ich an Make-Up machen, was muss ich vielleicht noch einkaufen, muss ich meine Haare nochmal färben, brauche ich noch etwas an Hygieneartikeln? Konkret an dem Tag nehme ich mir dann echt viel Zeit. Ich brauche bestimmt drei bis dreieinhalb Stunden vor dem Shoot: ganz entspannt aufstehen, etwas essen und trinken, eine Wanne einlassen und rasieren, dann schminken und Haare machen und nochmal checken, ob ich alles eingepackt habe. Das ist meine Grundvorbereitung.
R: Also brauchst du da schon ein wenig Vorlaufzeit…
T: Auf jeden Fall. Bei geplanten Shoots kann ich nicht einfach mal so eine Stunde vorher aufstehen und dann los machen. Da hätte ich dann auch schlechte Laune, weil mich das stresst.
R: Das kann ich sehr gut nachvollziehen. Ich versuche auch alles so stressfrei wie möglich zu planen, so dass man immer genug Zeit hat. Was macht denn für dich ein gutes Shooting aus? Was ist dir wichtig?
T: Das es nicht kalt ist! (lacht)
R: Du bist ja sehr genügsam…
T: Es ist einfach schon mal schön, wenn es nicht kalt ist. Ansonsten ist bei den meisten Shoots, die ich mache, eh immer ein gewisser Flow da. Man versteht sich, man hat von vornherein Ideen besprochen, auf die man Bock hat. An dem Tag selbst, ist es dann einfach wichtig, dass beide Spaß haben und nichts zu sehr erzwungen wird. Wenn zum Beispiel die Location nicht mehr genau so aussieht, wie man sie in Erinnerung hatte, sollte man sich nicht zu sehr darauf versteifen oder dass ich mir keinen Stress mache, wegen eines Posings, welches vielleicht gewünscht war, ich aber nicht zu 100% umsetzen kann. Gerade freie Projekte sollen einfach Spaß machen. Es ist mir wichtig, dass es trotz allen Aufwands eine Zeit ist, die ich cool verbringe und in der ich tolle Menschen kennenlerne, mit denen man nebenbei auch mal schön schnacken und vielleicht ein Bierchen trinken kann, so dass man einfach auf jemanden trifft, der vielleicht dieselben Interessen oder eine ähnliche Weltanschauung hat, mit dem man eine kurze Zeit seines Lebens teilt und sich anschließend sagt „Ja, das war cool!“
R: Was sind denn absolute No-Gos für dich bei Shootings?
T: Ganz klar, wenn der Fotograf mich zu etwas zwingen will, bei dem ich schon von vornherein gesagt hab, dass ich das nicht möchte. Man merkt ja eigentlich, ob jemand etwas machen will oder nicht. Ich glaube da hat jeder ein gewisses Feingefühl für.
R: Sollte zumindest, ja. Gab es denn schon Situationen, die so weird waren, dass du das Shooting abbrechen wolltest oder sogar getan hast?
T: Ja, ich habe mal ein Shooting abgebrochen. Das war eins meiner ersten. Da wollte der Fotograf mich ständig in irgendwelche BDSM-Dinge reinquatschen. Wenn ich einen Fotografen nicht kenne, dann mach ich solche Dinge nicht und dann habe ich das tatsächlich abgebrochen und ihm gesagt „Pass auf, das bringt hier jetzt nichts mehr. Ich will da nicht weiter drüber diskutieren. Das ist nicht mein Aufnahmebereich. Das nervt mich einfach! Du hast mich jetzt 25 mal gefragt und ich möchte jetzt gar nichts mehr machen und werde jetzt gehen.“ Das war halt wirklich scheiße, wenn jemand dich da unbedingt zu etwas überreden will.
R: Das sind echt die Dinge, die ich grundsätzlich nie verstehen werde. Wenn man eine Idee beim Shooting äußert und das Model sagt „Nein“, wieso können dann manche Fotografen nicht verstehen, dass sie das nicht will. Dann muss ich das doch nicht noch tausend weitere male probieren, sondern merke, sie hat da keinen Bock drauf. Ich verstehe die Logik dahinter nicht. Selbst, wenn sie sich irgendwann überreden lassen würde, weil sie sich vielleicht nicht weiter traut „Nein“ zu sagen, dann würden die Bilder doch kacke werden, weil das Model dann doch gar nicht das fühlt oder repräsentiert, was sie sollte. Daher ist das absoluter Schwachsinn.
T: Richtig.
R: Kommen wir zu einem anderen Thema: Die Fotografen- und Modelszene hat sich die letzten 10 Jahre ja doch ziemlich verändert.
T: Findest du? (lacht)
R: Schon. Wie würdest du denn diesen Wandel beschreiben?
T: Da ist natürlich ein bisschen die Frage, was für einen selbst anders geworden ist. Ich merke schon, dass die seriösen Anfragen weniger werden. Viele Leute von früher haben auch einfach gar keinen Bock mehr. Und dann sind auch diese ganzen Lost-Place-Geschichten eingestampft worden. Da gibt es ja leider immer weniger, zu denen man Zugang hat.
R: Ja, da habe ich auch vor kurzem, als ich für meine Homepage Bilder rausgesucht habe, einige ältere Sachen entdeckt, von Lost Places, die es alle leider nicht mehr gibt, weil sie entweder platt gemacht oder umgebaut wurden, zu irgendwelchen teuren Lofts oder so.
T: Oh ja, das stimmt. Das eine Haus in Anger-Crottendorf, in dem wir öfters geshootet hatten, vermisse ich zum Beispiel sehr. Das war echt toll. Was sich auch noch verändert hat, ist die Nachfrage nach alternativen, tätowierten, weiblichen Models. Die war früher viel größer. Das ist heute gar nicht mehr so. Heute wird oft viel auf Natürlichkeit geachtet. Mittlerweile werden aber auch feministische Dinge ein wenig in den Vordergrund gerückt und es wird versucht alles ein wenig diverser zu gestalten, was ich gut finde. Als ich anfing, ging es eher darum, seinen Style zu zeigen oder halt freizügigen Akt zu machen und einfach seinen Spaß zu haben. Da war wenig mit irgendwelchen Bewegungen verbunden, sei es nun politisch oder feministisch. Dahingehend wird die Fotografie mittlerweile teilweise ganz anders genutzt. Aber gerade freizügiger Akt ist ja irgendwie fast komplett weggefallen. Künstlerischen freizügigen Akt, findet man heutzutage maximal noch auf Patreon oder Only Fans.
R: Wobei es ja auch da, wie ich es so mitbekommen habe, ohne dass ich dort jetzt jemandem folgen würde, meistens weniger um den künstlerischen Aspekt geht…
T: Nö, da geht es eher ums Geld verdienen, gerade in der aktuellen Situation, ist ja klar. Aber das finde ich ein bisschen schade. Es gab da früher einige Fotografen, die mittlerweile nicht mehr da oder aus dem Spotlight verschwunden sind. Ich habe ja auch damit angefangen. Meine ersten hochwertigeren Shootings waren direkt Akt oder freizügiger Akt. Und das ist tatsächlich ziemlich weggefallen. Mir fällt da jetzt auf Anhieb auch niemand mehr ein, der das, außer dir, immer noch macht und das halt auch hochwertig.
R: Naja, da gibt es ja schon noch ein paar. Maske oder Calvato zum Beispiel.
T: Ja, gut. Aber das ist halt nicht gerade mein Einzugsgebiet.
R: Das stimmt natürlich. Hier in Leipzig wüsste ich ansonsten jetzt auch nicht unbedingt wen.
T: Eben. Und selbst in Berlin auch nicht wirklich, außer natürlich Juri.
R: Wobei ich aber sagen muss, dass ich das ja auch relativ zurückgeschraubt hatte und da erst in letzter Zeit wieder vermehrt damit anfange. Ich wollte nie Bilder machen, die dann am Ende auf der Festplatte versauern, weil man sie nirgends hochladen kann und durch die strenge Zensur auf Social Media hat man eben doch mehr darauf geachtet, dass vielleicht nicht unbedingt die Mumu zu sehen ist oder die Nippel auch verdeckt sind. Aber mit Patreon habe ich ja jetzt wieder eine Plattform, auf der ich solche Arbeiten präsentieren kann. Deswegen shoote ich auch wieder öfters in diese Richtung, wenn es sich denn ergibt.
T: Ja, das macht mir zurzeit tatsächlich auch wieder extrem Spaß, einfach mal so freizügigen Kram zu shooten, auch wenn es nur für Only Fans oder Patreon ist. Aber das einfach zu machen und zu sagen „Lass mal wieder auf die Kacke hauen.“, das ist schon mal wieder schön. Auch dass man dann nicht immer gucken muss, ob man es zensieren muss, dass man es bei Instagram hochladen kann. Das ist befreiend und nochmal ein ganz anderes Feeling.
R: Ja, das hat einen auf gewisse Art und Weise sehr eingeschränkt. Bei mir war das tatsächlich ein schleichender Prozess, den ich so manchmal gar nicht wahrgenommen habe, bis ich mir vor einer Weile dann wieder sagte „Scheiß drauf, mir ist das jetzt egal.“ Ich achte seitdem nicht mehr so penibel darauf, ob denn jetzt die Muschi beim Posen nicht zu sehen ist oder nicht doch irgendwo mal ein Nippel rausblitzt. Denn gerade, wenn du dann ein Bild hast, wo du Muschi und die Nippel zensieren musst, besteht das Bild am Ende mehr aus Zensurbalken als sonst etwas…
T: Eben und dann darf ja natürlich auch die Hand nicht zu nah an der Mumu sein, denn wenn du die Hand mitzensierst, dann ist es ja schon wieder Touching.
R: Das reicht ja schon, wenn du das bei Brüsten machst. Da ist es dann auch wieder ein schmaler Grat, ob du die denn nur verdeckst oder ob du sie eventuell gegebenenfalls vielleicht anfassen könntest.
T: Das nervt brutal!
R: Allerdings. Was war denn für dich dein ausgefallenstes Shooting?
T: (überlegt) Diese ganzen Horrorshoots fand ich eigentlich immer recht krass, weil ich halt zum Beispiel irgendwas Ekliges in den Mund nehmen musste oder nach roter Beete stank. Das ist für mich dann echt eine Herausforderung, irgendwelche zusammengebrauten Flüssigkeiten in den Mund zu nehmen und dann rauslaufen, weil ich das echt eklig finde.
R: Es gibt ja auch öfters mal lustige Momente oder Dinge, die einem vielleicht peinlich waren, wobei dir ja erstmal fast nichts peinlich ist. (lacht) Fällt dir da denn spontan etwas ein?
T: Ich glaube die lustigsten Sachen sind, wenn man Rudelshoots macht und dann zum Beispiel der Fotograf noch eine letzte Idee hat und am Ende plötzlich drei nackige Mädels mit Bier in der Hand und leicht betrunken unter der Dusche stehen. Oder so Sachen wie mit Mel neulich, als wir eigentlich für ein Streetwear Label geshootet hatten und zum Schluss sitz ich dann mit Pümpel an der Muschi auf dem Klo während Mel zu viel Pfeffi getrunken hat und in der Badewanne sitzt. Weißt du, sowas passiert halt auch nur, wenn man sich gut kennt und das schon lange macht und auch Vertrauen hat. Das sind diese Momente für die ich das eigentlich mache.
R: Gibt es denn generell Fotografen mit denen du noch nicht zusammengearbeitet hast, es aber unbedingt mal noch wollen würdest?
T: Schwierig zu sagen. Haris Nukem aus London, aber der ist irgendwie unerreichbar. Den hatte ich zweimal angeschrieben und da kam leider nichts zurück. Das wäre schon megacool. Ansonsten habe ich jetzt niemanden auf meiner Liste. Ich glaube, ich warte da auch eher, bis jemand mich anschreibt, weil ich in der Hinsicht ein bisschen faul bin. Und mich dann beschwere, dass ich ja keine Anfragen bekomme. (lacht) Aber ich hätte gerne generell mal noch ein wenig mehr weiblich gelesene Fotografinnen, weil die einfach oft nochmal einen ganz anderen Blick haben. Das wäre nice.
R: Zum Schluss noch die allerwichtigste Frage: Willst du auch noch ein Sterni?
T: Ja!
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